OT: Is-slottet (1963)
Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel
Nachwort von Doris Lessing
199 Seiten, € 22 [D] | € 22,70 [A]
Gebunden mit Lesebändchen
ISBN 978-3-945370-21-6
Tarjei Vesaas (1897–1970) schuf mit »Das Eis-Schloss« einen dichten Roman, der sich unvergesslich ins Gedächtnis brennt. Darin erzählt er die Geschichte von zwei elfjährigen Mädchen, Siss und Unn. Unn kommt als Waise zu ihrer Tante in ein Dorf auf dem norwegischen Land und bringt mit ihrer Verstummtheit nach dem Verlust der Eltern das Gefüge der kleinen Gemeinschaft kaum merklich aus dem Gleichgewicht. Siss fühlt sich zu ihr hingezogen, die Mädchen freunden sich an – bis Unn plötzlich verschwunden ist. Ein eisgefrorener Wasserfall im Fluss mit glitzernden Türmchen und durchsichtigen Kammern, den die Kinder »Eis-Schloss« nennen, hat sie auf fatale Weise angezogen. Siss muss mit dem Verlust und ihrer Einsamkeit zurechtkommen und zieht sich in sich zurück. Wie gelingt es ihr, diese Vereisung aufzutauen und wieder Teil der Dorf- und Schulgemeinschaft zu werden?
Neben der berührenden Geschichte ist es vor allem die Sprache, die den Leser in den Roman hinein und zu den Figuren hin zieht und seinen Atem stocken lässt. Schneidende, eisklare Sätze, poetische Bilder von mitreißender Kraft, die sich einer eindeutig entschlüsselnden Lesart entziehen. In der Übersetzung von Hinrich Schmidt-Henkel funkeln die Sätze in diskreter Präzision, wie in Eis gekratzt, und können von allen Seiten betrachtet werden, ohne sich durchdringen zu lassen – der Roman behält manche Geheimnisse für sich. »Das Eis-Schloss« ist eine virtuose Studie existenzieller Einsamkeit und der Sehnsucht nach menschlicher Nähe und Verbindung, aber gleichzeitig ist es auch ein formal bezwingendes Sprachkunstwerk von enorm suggestiver Kraft.
»Vesaas’ Ton ist modern. 1963 hat er diesen Roman geschrieben, der von der Verwirrung des Kindseins und vom Übergang handelt. Es ist fast, als würde man durch ihn in eine andere Welt gelangen. Natürlich in eine Zeit, die schon zurückliegt. Aber auch in eine Zeit, die etwas Fortdauerndes hat, etwas Verzaubertes, Heimliches, Heimeliges, Utopisches. In der aber immer auch die Gefahr zu spüren ist, dass alles zerbrechen könnte.«
Ulrich Rüdenauer, mdr Kultur
»Vesaas’ Roman wird zur Entwicklungsgeschichte, in der das Jahr durch das Dunkel des Winters muss so wie Siss durch ihre Trauer, bis an den Rand der Kindheit. (…) Hinrich Schmidt-Henkel hat den Roman vorzüglich übertragen – und einen Ton gefunden, der jeden Anflug von Sentimentalität meidet und das Überklare trotzdem leuchten lässt.«
Ruth Bender, Kieler Nachrichten
»Jeder Satz steht fest und stolz da wie ein froststarrer Baum im Wald, und trotzdem hat der Roman im Ganzen etwas Leichtes, Schwebendes, Summendes. (…) Ein Kunstwunder, wie eine Schubert-Sonate, eine Mozart-Sinfonie.«
Bettina Hartz, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
»Tarjei Vesaas’ ›Eis-Schloss‹ ist eine grandiose Parabel aufs Erwachsenwerden, verfasst in einer bilderreichen, lyrischen, symbolisch aufgeladenen und zugleich zeitlos anmutenden Sprache, die den Übergang von kindlicher Unschuld zu einer Realität, die es nicht gut mit einem meint, in bewegender Einfachheit und Traurigkeit schildert. Es ist zugleich ein anrührendes, brillant von Hinrich Schmidt-Henkel ins Deutsche gebrachtes Buch, das keinen falschen Ton anschlägt, niemals auch nur in die Nähe trivialer Gefühlsseligkeit rückt. (…) eine wunderbare Wiederentdeckung, nicht nur zum Norwegen-Schwerpunkt der Buchmesse.«
Ulrich Rüdenauer, Tagesspiegel
»Die Neuübersetzung des norwegischen Klassikers aus dem Jahr 1963 durch Hinrich Schmidt-Henkel gibt die ganze Faszination, die großartige Poesie und die stilistische Modernität dieses kleinen Romans wieder, für den Doris Lessing im Nachwort ein leidenschaftliches Plädoyer hält. Tarjei Vesaas erhielt 1964 für ›Das Eis-Schloss‹ den renommierten Preis des nordischen Rats und wurde mehrfach als Kandidat für den Nobelpreis gehandelt. Für alle wärmstens empfohlen, nicht nur im Norwegen-Jahr der Buchmesse.«
Beate Frauenschuh, ekz.Bibliotheksservice GmbH
»Atemberaubend – ein anderes Wort bietet sich für die Beschreibung dieser Romanlektüre nicht an. Spannung, Tragik und Traurigkeit in einer freundlichen, friedlichen Welt, die trotzdem nicht vor dem gewaltsamen Einbruch eines Unglücks gefeit ist. Jede der 189 Seiten kettet den Leser an die Geschichte der kaum ein Jahr dauernden Freundschaft zwischen den elfjährigen Mädchen Siss und Unn und hält ihn nicht nur mit dem Geschehen, sondern auch mit einer auf die Wahrnehmung der Natur und Gefühle der Menschen klar konzentrierten Sprache in freiwillig gewählter Gefangenschaft.«
Roswitha Haring, Kölner Stadt-Anzeiger
»›Das Eis-Schloss‹ erschien 1963: Ein Roman über die Verbundenheit zweier elfjähriger Mädchen, in dem jedes Wort wie mit dem Diamantenschleifer eingepasst wurde und eine Spannung vorherrscht, die sich nicht auf einer der zweihundert Seiten verliert. Hinrich Schmidt-Henkel hat ihn noch einmal neu übersetzt. Der richtige Mann für diesen Job.«
Matthias Hannemann, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Wenn man nur Zeit für die Lektüre eines einzigen norwegischen Romans hat: Dann sollte man ›Das Eis-Schloss‹ von Tarjei Vesaas lesen. Die verstorbene Schriftstellerin Doris Lessing schrieb über dieses Buch, es sei einzigartig: ›So feinsinnig. So stark. So anders als alle anderen.‹ Das hymnische Plädoyer der britischen Literaturnobelpreisträgerin ist als Nachwort in diesem besonders schön gemachten Band abgedruckt. Und man möchte nach der Lektüre jedes Wort unterschreiben.«
Manuela Reichart, Deutschlandfunk Kultur
»Vesaas erzählt zurückhaltend und behutsam. Die vielen Symbole wie das Eis-Schloss werden nicht überstrapaziert, sondern dienen der Verdichtung der Atmosphäre. Ein bewegendes, unvergessliches Buch.«
Jürgen Israel, Die Kirche
»Wann hat man zuletzt so tief in die Seele und die Gedanken zweier Kinder geblickt? (…) Man wird Zeuge zweier Einsamkeiten, bangt mit, trauert mit – und staunt immer wieder über die Kraft der Sprache, die im Sommer das Eis knacken lässt.«
Barbara Weitzel, Welt am Sonntag
»Mit diesem Roman hat Tarjei Vesaas, ältester Sohn eines Bauers aus der Provinz Telemark, 1963 ein literarisches Juwel geschaffen, das die Magie des Eises mit menschlicher Wärme vereint.«
Ulrich Baron, Buchjournal