OT: Himmerlandsfolk (1898)
Aus dem Dänischen von Ulrich Sonnenberg
Mit einem Nachwort von Carsten Jensen
181 Seiten, € 20 [D] | € 20,50 [A]
Gebunden, fadengeheftet und mit Lesebändchen
ISBN 978-3-945370-12-4
Johannes V. Jensen (1873–1950) erzählt in seinen Geschichten aus Himmerland von einer untergegangenen Welt. In zwölf Erzählungen, mit denen er 1898 erstmals als Schriftsteller in Erscheinung trat, nimmt er einzelne Protagonisten einer vorindustriellen bäuerlichen Dorfgesellschaft in den Blick. Jensen beschreibt die archaischen Verhältnisse und Lebensbedingungen seiner Figuren mit feiner Zartheit und berührender Einfühlsamkeit: Wir lernen Landsknechte, Mägde, Hoferben, den Tierarzt und den Schmied kennen, erfahren, was am Neujahrsmorgen im Dorf passiert und was es mit Thomas vom Brückenhof auf sich hat. Die Welt, die Jensen vor unseren Augen auferstehen lässt, ist die seiner eigenen Kindheit. Er porträtiert seine Heimatregion, ohne Groll, ohne Verklärung – einzig, um sie in der Literatur festzuhalten und unsterblich zu machen.
Die dörflichen Geschichten und Lebensbilder sind mit scharf umreißenden Sätzen und präzisen Attributen beschrieben; als Erzähler ist Jensen ganz bei seinen Figuren, lauscht ihnen ihre Wahrheit ab. Sie sind tragische Gestalten, erdulden ihre täglichen Mühen, und nehmen es doch mit bissigem Humor, erkennen auch die Komik in ihrem Treiben. Ulrich Sonnenberg hat in der deutschen Übersetzung für die mehr als 100 Jahre alten Prosabilder eine Sprache gefunden, die uns heutige Leser direkt auf diese Himmerländer Menschen blicken lässt, als würden wir ihnen gegenüberstehen. Sie bilden einen Chor, eine Art menschliches Grundrauschen, in dem Johannes V. Jensen jeden einzelnen auf seine ganz eigene Weise zum Leuchten bringt.
»Drei Bände mit Erzählungen vom ›Himmerlandsvolk‹ hat Jensen veröffentlicht. Der erste liegt jetzt in der glasklar schönen Übersetzung von Ulrich Sonnenberg auf Deutsch vor. (…) Die Ausgabe im Guggolz Verlag, die auf drei Bände konzipiert ist, ist eine Pioniertat. Und eine Entdeckung, eine wunderbar geglückte.«
Verena Stössinger, NZZ am Sonntag
»Tragisch oder trostlos geht es auf den 180 Seiten oft zu. Doch Jensen notiert auch unbeschwerte Momente. Oder zumindest die Sehnsucht danach. Die Bewohner, die er mit trockenen Strichen skizziert, markante Figuren, nehmen eben auch den Duft wahr, der in der Landschaft um den fiktiven Ort Grabølle hängt. Sie kommen wie verzaubert aus ihren Häusern, wenn nächtens Musik übers Land weht, schäkern am Johannisfeuer mit dem anderen Geschlecht. Gehen feiern, nachdem sie dem Pferdearzt bei der Kastration eines Fohlens geholfen haben.«
Matthias Hannemann, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Johannes V. Jensen ist Zeuge und Chronist des Lebens im jütländischen Himmerland. Diese perfekt dargestellte Hingabe an das Schicksal, die all seine Figuren auszeichnet, und seine gelungenen Naturbeschreibungen ziehen den Leser in den Bann, wirken fremd faszinierend. Ohne Zweifel: Johannes V. Jensens Erzählband ›Himmerlandsvolk‹ ist ein Leseerlebnis der besonderen Art.«
Andreas Puff-Trojan, SWR Lesenswert
»Dorfgeschichten von 1898. Der dänische Autor Johannes V. Jensen erhielt 1944 den Literaturnobelpreis – die großartige Wiederentdeckung eines – fast – schonungslosen Realisten.«
SWR Bestenliste, Platz 4 im Januar 2018
»Meisterhaft. (…) Eine ausgezeichnet zu lesende Übersetzung von Ulrich Sonnenberg (…). Es sind allesamt Erzählungen, die in einer vorindustriellen Zeitlosigkeit zu schweben scheinen. Jensen, Literaturnobelpreisträger des Jahres 1944, huldigt in seinem Stil nicht dem Pathos der Entsagung und der Leere. Er schreibt klare, oft erbarmungslos wirkende Sätze. (…) Bei aller Härte der Darstellung hatte Jensen ein feines Sensorium für die diversen Spielarten von Vergänglichkeit und Verfall.«
Christoph Schröder, Süddeutsche Zeitung
»Diese Geschichten sind kleine Meisterstücke der Erzählkunst, ›exotische Novellen‹, faszinierend und verstörend. (…) Mit den zwölf Erzählungen ist ein Tor geöffnet für Entdeckungen in der Geschichte, in den Seelen der Menschen und in Abgründen, die unter glatten Oberflächen lauern. So sehr weit von Dostojewski ist Johannes V. Jensen nicht entfernt.«
Sabine Neubert, Neues Deutschland
»Ganz und gar unidyllische Dorfgeschichten. Wie seine Himmerländer braucht Jensen nicht viele Worte. Virtuos beherrscht er die Kunst, mit minimalem Sprachaufwand maximale Wirkung zu erzielen; noch die banalste Begebenheit gewinnt ungeahnte poetische Tiefe. Kurz: ›Himmerlandsvolk‹ ist Weltliteratur, und Jensen spielt durchaus in einer Liga mit Iwan Bunin, Thomas Hardy, Knut Hamsun.«
Olaf Schmidt, Kreuzer Dresden
»1944 bekam der dänische Schriftsteller Johannes V. Jensen den Literaturnobelpreis – auch für Kraft, Intellekt und Stilkunst. All das lässt sich in den hier versammelten Geschichten finden, die aus dem Jahr 1898 stammen und deren erster Band einer neuen und vollständigen Übertragung damit vorliegt. Eine wunderbare Entdeckung.«
Janina Fleischer, Hannoversche Allgemeine Zeitung